Festakt für 30 Jahre Ehrenamt
Wenn es am Gartenzaun kracht: Dieser Mann aus Schönwalde weiß, wie man Streitigkeiten beendet
Peter Blaudszun, seit 30 Jahren Schiedsmann in der Gemeinde Schönwalde-Glien, sein Nachfolger Marcus Dehler und Schiedsfrau Marlies Miericke-Soelch, seit 15 Jahren in dem Ehrenamt tätig (v.l.).
Quelle: Marion von Imhoff
Peter Blaudszun sorgt dafür, dass Streithähne wieder miteinander reden. Er ist seit 1994 ehrenamtlicher Schiedsmann in Schönwalde-Glien. Mehr als 300 Fälle hat der 78-Jährige betreut, darunter auch kuriose Streitigkeiten. Mit diesem Konzept gelingt ihm zumeist die Lösung.
Schönwalde-Glien. Es sind die Ehefrauen gewesen, die wohl die größte Erleichterung verspürten, als Peter Blaudszun sich des so lange schwelenden Zwistes annahm. Der bald 79-Jährige ist der Friedensstifter von Schönwalde-Glien. Seit 30 Jahren übt der gebürtige Berliner das Ehrenamt des Schiedsmannes in der Gemeinde aus.
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„Die beiden Nachbarn konnten absolut nicht mehr miteinander.“ Über Jahre schon hatten die beiden Männer kein Wort mehr gewechselt. Worum es ging? Für Peter Blaudszun ist das nur noch zweitrangig.
30-jähriges Jubiläum: Festakt im Rathaus Schönwalde-Glien für Peter Blaudszun
„Die haben erst bei mir am Tisch angefangen, wieder miteinander zu sprechen.“ Und das sei auch den beiden Ehefrauen zu verdanken gewesen. „Die Frauen hatte das Ganze belastet und sie wollten den Druck rausnehmen.“
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Weit über 300 Streitfälle hat der Schönwalder betreut. Etwa die Hälfte davon konnte er bei sogenannten Tür- und Angelgesprächen vor Ort schon klären. Quasi am Gartenzaun der Kontrahenten.
Überwältigende Bilanz des Friedensstifters von Schönwalde
In zwei Dritteln der Fälle gingen die Streitenden mit einer Lösung auseinander. Eine überwältigende Bilanz des Mannes, für den die Gemeinde Schönwalde-Glien nun zu einem Festakt lud.
Ist sein ehrenamtlicher Job mit den Jahren einfacher geworden? Peter Blaudszun winkt ab: „Es wird immer schwieriger, Vergleiche zu erreichen.“ Also eine Einigung, mit der jeder leben kann. Jeder sei überzeugt, „einzig und allein recht zu haben“.
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Perspektivwechsel und Einfühlungsvermögen – so gelingt das Vermitteln
Die Vergleiche, die er so oft dennoch erzielte, sind später vor Gericht sogar einklagbar.
Es ist die innere Distanz zum Streitthema, die Peter Blaudszun zur Überparteilichkeit verhilft: „Die Frage des Rechthabens steht nicht im Mittelpunkt.“ Es gelte, den Parteien den Perspektivwechsel zu ermöglichen. Das ist das Erfolgskonzept.
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„Was würdest du empfinden, wenn dein Nachbar das gemacht hätte?“ So komme jeder ins Grübeln und viele lenkten ein. Das ist die Lösungsstrategie des so ruhig auftretenden Mannes.
Annett Häßler, Sprecherin der Gemeinde Schönwalde-Glien, nennt Peter Blaudszun ein Geschenk für die Menschen in der Region. Seit dem 22. November 1994 trage er maßgeblich zu einem „friedlichen Miteinander in unserer Gemeinde bei“.
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Bürgermeister Bodo Oehme dankt Schiedsmann Peter Blaudszun
Auch Bürgermeister Bodo Oehme (CDU) dankt dem Schönwalder, den er vor drei Jahrzehnten für dieses wichtige Ehrenamt gewonnen hat und der durch die Gemeindevertretung siebenmal im Amt und nun für weitere fünf Jahre bestätigt wurde.
Der Direktor des Amtsgerichtes Nauen, Jan Boecker, anlässlich der Ehrung ebenfalls erschienen, sagt es so: Peter Blaudszun nehme den Menschen eine Last. Denn Streit bedrücke, belaste die Menschen.
Fälle vor Schiedsstellen sind meist am Gartenzaun entstanden
Nach Angaben von Jan Boecker sind 80 bis 90 Prozent der Fälle bei Schiedsstellen Nachbarschaftsstreitigkeiten.
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Bevor eine Klage wegen eines solchen Disputes eingereicht werden kann, ist der Versuch einer Einigung an einer Schiedsstelle gesetzliche Pflicht. Ziel sei es, die Gerichte zu entlasten. „Ziel ist es aber auch, den Frieden zu erhalten, denn wenn die Leute erst einmal bei Gericht sind, streiten sie sich richtig“, sagt Jan Boecker.
23 Klagen wegen Nachbarschaftsstreit landen jährlich vor Gericht
Zwischen 2013 und 2023 gab es im Schnitt jährlich 23 Nachbarschaftsklagen am Amtsgericht Nauen. Im gleichen Zeitraum landeten bei den neun Schiedsstellen des Gerichtsbezirkes 574 Anträge in Zivilsachen, im Schnitt also 52 pro Jahr.
In durchschnittlich etwa jedem zweiten Fall konnten die ehrenamtlichen Streitschlichter einen Vergleich, also eine Einigung zwischen den Parteien, erzielen. Mit seinen rund 67 Prozent ist Peter Blaudszun also ein Meister seines Fachs.
Schönwaldes Bürgermeister Bodo Oehme (CDU), der langjährige Schiedsmann Peter Blaudszun, Jan Boecker, Direktor des Nauener Amtsgerichtes, und Marcus Dehler (v.l.).
Quelle: Marion von Imhoff
Marlies Miericke-Soelch hat 15 Jahre lang in Schönwalde für Frieden gesorgt
Peter Blaudszun zur Seite als Stellvertreterin stand 15 Jahre Marlies Miericke-Soelch, die 60-Jährige ist Steuerfachgehilfin und Diplom-Kauffrau. Peter Blaudszun wird nun an ihre Position rücken und als Vize seinem Nachfolger Marcus Dehler mit Rat unterstützen.
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Der 43-Jährige ist Unfallsachverständiger. Lösungsorientiert zu arbeiten, sei sein Job, sagt Marcus Dehler. Vielleicht wird auch Marcus Dehler einen Streit schlichten müssen über zu laut quakende Frösche.
Wenn der Frosch nebenan zu laut quakt
Darüber hatte sich vor einiger Zeit ein Schönwalder aufgeregt. Er einigte sich mit seinem Nachbarn, dass die Frösche behutsam aus dem Gartenteich eingesammelt und an einen Tümpel in Schönwalde umgesiedelt wurden.
Keine zwei Wochen später waren die vermeintlichen Störenfriede zurück in ihrer angestammten Heimat. Den Frosch zöge es auf immer dorthin, wo er Kaulquappe war, sagt dazu Peter Blaudszun. Der streitende Nachbar sei weggezogen. Daran aber hätten wohl die Frösche keine Schuld getragen.
MAZ